Die Kirchen gehören zu den größten Immobilieneigentümern Europas. Das Thema „Immobilien der Kirche“ ist deshalb weit mehr als eine Randnotiz im gesellschaftlichen Diskurs – es berührt Fragen von Gemeinwohl, Nachhaltigkeit, sozialer Verantwortung und nicht zuletzt wirtschaftlicher Notwendigkeit. Der Tod von Papst Franziskus am 21. April 2025 lenkt den Blick noch einmal auf die Herausforderungen und Chancen, die mit dem riesigen Immobilienbesitz der Kirchen verbunden sind.
Papst Franziskus: Ein Papst des Wandels und der sozialen Verantwortung
Papst Franziskus, der am Ostermontag im Alter von 88 Jahren in Rom verstarb, war ein Kirchenoberhaupt, das sich wie kaum ein anderer für die Armen und Ausgegrenzten eingesetzt hat. Sein Tod markiert das Ende einer Ära, in der soziale Gerechtigkeit und die Nähe zu den Menschen zentrale Themen waren. Während die katholische Welt um Franziskus trauert und die neuntägige Trauerzeit begeht, steht die Kirche vor der Aufgabe, seinen Geist der Erneuerung auch in ihren Strukturen und Besitzverhältnissen weiterzutragen.
Der Umfang kirchlicher Immobilien – Zahlen und Fakten
Die Dimensionen sind beeindruckend: In Deutschland besitzen die evangelische und die katholische Kirche zusammen eine enorme Anzahl an Gebäuden. Dazu zählen Kirchen, Pfarrhäuser, Gemeindezentren sowie zahlreiche Schulen, Kindergärten, Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser und weitere Einrichtungen. Der geschätzte Gesamtwert dieses Immobilienportfolios liegt im Milliardenbereich. In vielen europäischen Ländern agiert die katholische Kirche darüber hinaus auch als Investor und erzielt Einnahmen durch Vermietung und Verpachtung.
Herausforderungen: Leerstand, Unterhalt und gesellschaftlicher Wandel
Mit dem gesellschaftlichen Wandel – sinkende Mitgliederzahlen, weniger Gottesdienstbesucher, abnehmende Kirchensteuereinnahmen – geraten die Kirchen unter Druck, ihren riesigen Immobilienbestand zu verwalten, zu erhalten und sinnvoll zu nutzen. Viele Gebäude sind historisch wertvoll, aber teuer im Unterhalt: Für die Pflege und den Erhalt werden jährlich hohe Summen aufgewendet. Prognosen gehen davon aus, dass in den kommenden Jahrzehnten ein erheblicher Teil der Kirchensteuereinnahmen wegbrechen könnte, was einen massiven Abbau oder eine Umnutzung von Immobilien notwendig macht.
Zwischen Investment und Gemeinwohl: Die kirchliche Immobilienstrategie
Die Kirchen stehen vor der Herausforderung, ihre Immobilien nicht nur als wirtschaftliche Ressource, sondern auch als Instrument zur Förderung des Gemeinwohls zu begreifen. In vielen Regionen werden kirchliche Grundstücke über das Erbbaurecht vergeben, um sozialverträglichen Wohnraum zu schaffen oder nachhaltige Projekte zu fördern. Es gibt Investitionen in neue Mietwohnungen, darunter viele Seniorenwohnungen, und es wird auf Nachhaltigkeitsstandards gesetzt. Doch nur ein Teil des kirchlichen Immobilienbestands wird tatsächlich sakral genutzt – der Rest bietet Potenzial für soziale, ökologische oder wirtschaftliche Umnutzung.
Kritik und Erwartungen der Gesellschaft
Die Gesellschaft erwartet von den Kirchen, dass sie ihren Immobilienbesitz verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert einsetzen. Gerade angesichts der Wohnraumkrise fordern viele, dass kirchliche Grundstücke und Gebäude nicht leer stehen oder rein profitorientiert genutzt werden, sondern zur Lösung sozialer Probleme beitragen. Die Glaubwürdigkeit der Kirchen hängt zunehmend davon ab, wie sie mit diesem Besitz umgehen. Gleichzeitig sind viele Kirchengemeinden mit der Komplexität der Immobilienentscheidungen überfordert – es braucht professionelle Unterstützung und systemische Lösungen.
Chancen: Transformation und neue Nutzungskonzepte
Der Wandel bietet aber auch Chancen: Viele Kirchengebäude befinden sich in zentralen Lagen und könnten – kreativ umgenutzt – zu lebendigen Orten für Wohnen, Kultur, Bildung oder soziale Dienstleistungen werden. Einige Bistümer entwickeln bereits nachhaltige Immobilienstrategien, um ihren Bestand an den tatsächlichen Bedarf anzupassen und zukunftsfähig zu machen. Der Fokus liegt auf nachhaltigen, ökologischen und sozialen Perspektiven, die weit über das Jahr 2030 hinausreichen sollen.
Immobilien und Finanzen: Ein Balanceakt
Trotz aller sozialen und ethischen Ansprüche bleibt die wirtschaftliche Realität: Viele kirchliche Immobilien erwirtschaften nur geringe oder gar keine Erlöse, während die Unterhaltskosten hoch bleiben. Die Kirchen müssen deshalb unternehmerischer denken, ohne ihre Werte zu verraten. Der Verkauf, die Vermietung oder die Umnutzung von Immobilien kann helfen, die finanziellen Grundlagen zu sichern und zugleich gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen.
Fazit: Verantwortung und Wandel nach dem Tod von Papst Franziskus
Der Tod von Papst Franziskus ist ein Moment der Trauer, aber auch der Besinnung auf die Kernaufgaben der Kirche. Sein Wirken für die Armen und Ausgegrenzten sollte auch Maßstab für den Umgang mit dem kirchlichen Immobilienbesitz sein. Die Kirchen stehen vor einer Herkulesaufgabe: Sie müssen ihren Immobilienbestand verkleinern, umnutzen und neu denken – nicht nur aus wirtschaftlicher Notwendigkeit, sondern vor allem im Sinne des Gemeinwohls. Nur so können sie ihre gesellschaftliche Relevanz und Glaubwürdigkeit in einer sich wandelnden Welt bewahren.
Papst Franziskus hat mit seinem Leben und Wirken gezeigt, dass Kirche mehr sein kann als Tradition und Besitz. Die Zukunft der kirchlichen Immobilien sollte diesem Geist folgen: sozial, nachhaltig, menschenzugewandt.